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 St. Martin 2007

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BeitragThema: St. Martin 2007   St. Martin 2007 EmptySo März 30, 2008 5:30 am

St. Martin 2007

„Was beschäftigt Sie so sehr? Genießen Sie diesen Abend, er findet schließlich zu Ihren Ehren statt!“ tönte es plötzlich in schrillem Ton in das linke Ohr des erfolgreichen Besitzers des Großunternehmens, der, in tiefen Gedanken versunken, aus dem Fenster seiner prunkvollen Villa starrte.
Aus seinen Gedanken gerissen wirbelte er erschrocken herum und verschüttete dabei den Großteil des teuren Markensekts, der sich nun über den roten, ebenfalls sehr teuren Teppich des riesigen Festzimmers ergoss.
Hinter ihm stand eine in schrillem Rot gekleidete Dame, die er nicht näher kannte. Dies traf auf mehr als die Hälfte seiner Gäste zu, zu seinem Bedauern kannte er nur seine direkten Untergebenen und einige Betriebsratsmitglieder, die er allerdings an diesem besonderen Abend noch nicht zu Gesicht bekam.
„Entschuldigen Sie meine Schreckhaftigkeit, Madame. Ich war in Gedanken versunken. Wie gefällt Ihnen die Feier? Ich hoffe, sie sagt Ihnen zu!“ entschuldigte er sich für sein Missgeschick.
Jetzt bemerkte er, das sich der Sekt nicht nur über den Teppich, sondern auch über den wahrscheinlich echten Pelzmantel der roten Dame verteilt hatte.
„Oh, bitte verzeih…“ platzte er sofort heraus, doch die Dame unterbrach ihn. Und dies tat sie mit einem Temperament, mit dem er keinesfalls gerechnet hätte.
„Was fällt Ihnen ein? Sie sollten doch, in Betracht Ihrer Position, ein gewisses Minimum an Benehmen haben!“ tönte es bedrohlich laut und unfreundlich aus ihrem Mundwerk.
Bevor er auch nur ein weiteres Wort verlieren konnte, was wohl auch keinen positiven Effekt mehr hätte haben können, wandte sich die Dame von ihm ab und verschwand in der bunten Menge aus Unbekannten.
„Was mache ich nur hier…“ murmelte er unhörbar vor sich hin, als ob er darauf tatsächlich eine Antwort erwartete. Er mochte solche Veranstaltungen nicht, warum sollte man auch ihn feiern und loben, obwohl die Arbeit doch eigentlich seit seiner Übernahme des Unternehmens zum Großteil auf die „unteren“ Arbeitnehmer fiel!
Dafür hatte er kein Verständnis, und dieses Spießerpack, das hier seinen Sekt und seine aufgesetzte Gastfreundschaft genießt, würde er ebenfalls am liebsten auf den Mond schießen. Reiche Leute, deren Probleme darin bestehen, dass sie im Falle einer Entlassung unter Umständen eines ihrer Ferienhäuser oder ihren Viertwagen zu verkaufen gezwungen wären…
„Soll sie doch der Teufel holen!“ drang es aus seinen grimmig verzogenen Lippen hervor, ohne das er dies beabsichtigte. Sofort lief ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Was, wenn man seine Worte tatsächlich vernommen hätte… So schnell es ihm irgendwie möglich war, setzte er wieder sein „Ich-mag-euch“-Lächeln auf, das er sich als Firmenleiter zwangsläufig aneignen musste, und wandte sich seinen Gästen zu. Einige von Ihnen sahen bedrohlich zielstrebig in seine Richtung. Sollten sie seinen laut gedachten Kommentar etwa vernommen haben? Ohne weiter darüber nachzudenken lächelte er die vielleicht aufmerksam gewordenen Gäste an und murmelte: “Immer wieder sieht man sie vorne an der Straße vorbeikriechen, diese schäbigen, stinkenden Bettler… Wenn man sie doch allesamt wegsperren könne…“.
Diese Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Sofort entspannten sich die Gesichtsausdrücke der Gäste wieder, verwandelten sich teilweise sogar in „echtes“ Lächeln.
Aber anstatt sich angesichts dieses „PR-Erfolgs“ zu erfreuen oder sich wenigstens wieder zu entspannen, ergriff ihn nun ein äußerst schwerwiegendes Unwohlsein. Wie hatte er nur die eben gefallenen Worte denken, geschweigedenn sprechen können? Am liebsten hätte er sich nun selber verprügelt, denn er war im Herzen ein guter Mensch, der niemals etwas auf die Menschen hätte kommen lassen, die ärmer waren als er.
Ihm war bewusst, das diese Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Arbeit geleistet und mehr Leid und Unglück durchlebt haben mussten, als er es nur sich vorzustellen im Stande war.
Und, als ob sein Gewissen ihn mit einem Tritt ins tiefe Mageninnere bestrafen wollte, schmerzte ihm nun der Bauch, und es wurde ihm etwas übel.
„Entschuldigt mich bitte für einige Minuten, mir ist nicht wohl, und darum werde ich mich mal ins Freie begeben und etwas frische Luft schnappen!“ rief er, ohne sich etwas von seinem Unwohlsein anmerken zu lassen, zu seinen Gästen und wandte sich dann, noch immer mit seinem „Ich-mag-euch“-Lächeln im Gesicht.
Als er das Festzimmer verlassen,den ebenfalls riesigen Flur betreten und seinen erstaunlich echt wirkenden Kunstleder-Mantel übergezogen hatte, fühlte er sich bereits viel wohler.
Hier war er das erste mal seit vielen Stunden allein und konnte seine vom aufgesetzten Lächeln bereits zu stark belastete Gesichtsmuskulatur entspannen. Wie durch ein Wunder schwand dadurch bereits ein Großteil des Unwohlseins.
Da er sich aber lieber eine „ernste“ Krankheit zuziehen oder sogar lieber von einem Lastwagen überrollt werden wollte, als das er sich wieder zu seinen Gästen begeben würde, verließ er sein Anwesen, und mit jedem Schritt in Richtung Ausgang wurde es ihm wohler.
Als er nach langem Marsch endlich die Stufen vor seinem prächtigen Heim hinunterstapfte, wanderte sein Blick zu den hell erleuchteten Fenstern, durch die die Umrisse einiger seiner Gäste zu sehen waren. Obgleich er wusste, das er seinen Gästen wohl völlig gleichgültig war und das diese höchstwahrscheinlich nur den prunkvollen, schneebedeckten Wintergarten betrachteten, entzog er sich, so gut es ging, den Blicken seiner Gäste. Zu diesem Zwecke verließ er das Anwesen durch ein Seitentor und beschloss, einen kurzen Spaziergang durch den kleinen Park zu machen, seine betrunkenen, unbekannten Gäste würden seine Abwesenheit in den nächsten Stunden ohnehin nicht wahrnehmen.
Er liebte die Spaziergänge durch den Park, doch würde er er keinesfalls riskieren wollen, dort von seinen Mitmenschen gesehen zu werden.
Es war bereits finstere Nacht geworden, und es wurde spürbar kälter. Dieser Winter war der unangenehmste, den er wohl seit mindestens einem Jahrzehnt erlebt hatte.
Der Schnee knirschte und knackte unter seinem Schuhwerk, das wohl außer ihm niemand an einem solch „unwegsamen“ Ort hätte tragen wollen.
Zum Ziel seines Spaziergangs setzte er sich eine Parkbank, auf der er schon so manche Stunde seines Lebens verweilte… natürlich vor seinem Aufstieg zum Firmenleiter.
Doch sollte ihm, wie es schien, der Sitzplatz verwehrt bleiben, denn da, wo er sich sein Ziel gesetzt hatte, war schon jemand vor ihm gewesen, der nun dort einen mehr oder weniger erholsamen Schlaf zu finden versuchte.
Sofort wollte der etwas überraschte Firmenleiter wieder im Dunkel verschwinden und sich ein anderes Plätzchen suchen, doch dies sollte nicht geschehen, denn der Besetzer seiner Lieblingsbank, offensichtlich einer der zahlreichen, armen Bettler, rief den erstaunten Geschäftsmann mit einer zitternden Handgeste zu sich.
Es schien ihn so sehr zu frieren, das es ihm nicht möglich war, verständliche Worte von sich zu geben.
Diese Tatsache brachte den, im krassen Gegensatz zu dem armen Bettler, dick in Mantel und Schal gehüllten Chef den Tränen nahe, denn den Anblick dieses armen Menschen konnte er nicht ertragen.
Sofort nahm er seinen Mantel und den Schal von sich und gab ihn seinem neuen Freund, der ihm trotz seinem uneresslichen Elend einen Platz auf der Bank hatte freimachen wollen. Dieser nahm dieses Geschenk nur zögernd an, denn eine solche Freundlichkeit wurde dem armen Menschen in seinem Leben noch nicht entgegengebracht..
„Ich danke euch, mein Herr, ich weiß nicht, wie ich mich dafür revanchieren könnte, wo ich doch über keinen Besitz verfüge…“ sprach der Bettler nach einigen Minuten, vor Freude und zugleich Bedauern weinend.
„Sag so etwas nicht, weder bin ich dein Herr, noch erwarte ich irgeneine Art der Bezahlung von dir, mein Freund!“entgegnete zum Erstaunen des Bettlers der in Ermangelung des Mantels nun selber sehr frierende Geschäftsmann. Noch während er dies aussprach, kam er auf eine Idee, die sein weiteres Leben verändern sollte, und ebenso das Leben vieler anderer Menschen.
Er nahm von nun an alle armen Bettler, die willens waren, fleißig zu arbeiten, in seine Dienste und bat ihnen dafür ein Heim und ein ordentliches Leben.
Dies sorgte zwar dafür, das viele der reichen Mitarbeiter ihm dank der nötigen Gehaltssenkungen den Dienst quittierten, doch von nun an sollte der Firmenleiter nie wieder dieses Unwohlsein verspüren, das er an jenem Abend verspürt hatte.
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BeitragThema: Re: St. Martin 2007   St. Martin 2007 EmptySo März 30, 2008 5:32 am

Das habe ich zum 2007er St. Martin für eine Gruppenarbeit in der Ausbildung zum Erzieher geschrieben und in ner (zum Glück bis auf unsere Klasse fast leeren) Kirche vorgelesen...

Da es ne Kurzgeschichte ist dachte ich, dass es hier auch reinpassen könnte.
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BeitragThema: Re: St. Martin 2007   St. Martin 2007 EmptySo Jun 01, 2008 10:20 am

Die passt natürlich hier rein.
Und du sagst, das Schreiben von Kurzgeschichten würde dir nicht so liegen.
Die kommt ins nächste Schriftenhüterbuch (natürlich nur, wenn es ok ist *g*)
Auch in Geschichten eine sehr gute Schreibe und wie immer: mit Sinn und Verstand verfasst.
Klasse.
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BeitragThema: Re: St. Martin 2007   St. Martin 2007 EmptySo Jun 01, 2008 11:34 pm

danke dir! hör ich gern! aber NIE will ich wieder was in ner kirche lesen müssen! da will ich von nun an nur noch hin, wenn da meine lieblingsbands auftreten XD
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