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 Das Bildnis des Dorian Gray

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ChastityWolf
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BeitragThema: Das Bildnis des Dorian Gray   Das Bildnis des Dorian Gray EmptyMo Jan 07, 2008 2:08 am

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Ich gebe es zu. Ich bin ein großer Fan von Oscar Wild. Nicht nur sein einzigartiger Pinselstrich, sein Stil, ist es der den Geschichten eine gewisse Note gibt.
Es ist die Idee an sich obwohl sie schon mehr als alt ist. Sein Zynismus und Sarkasmus sind unbestechlich auch gewisse Anspielungen auf die Gesallschaft.

Kleine Leseprobe:

Um halb ein Uhr am nächsten Tag schlenderte Lord Henry Wotton von Curzon Street nach The Albany hinüber, um seinen Onkel Lord Fermor, einen lustigen, aber etwas rauhen alten Junggesellen, zu besuchen, den die Außenwelt selbstsüchtig nannte, weil sie keinen besonderen Nutzen von ihm zog, der aber von der Gesellschaft freigebig genannt wurde, weil er den Menschen, die ihn amüsierten, gut zu essen gab. Sein Vater war britischer Botschafter in Madrid gewesen, als Isabella jung war und man an Prim noch nicht dachte, hatte sich aber in einem Augenblick ärgerlicher Laune aus dem diplomatischen Dienst zurückgezogen, weil man ihm nicht die Botschaft in Paris angeboten hatte, einen Posten, auf den er seiner Meinung nach auf Grund seiner Geburt, seiner Trägheit, des guten Englisch seiner Depeschen und seiner zügellosen Vergnügungslust Anspruch hatte. Der Sohn, der der Sekretär seines Vaters gewesen war, war zugleich mit seinem Chef zurückgetreten, was man damals ziemlich närrisch fand, und als der Titel einige Monate später auf ihn überging, hatte er sich dem ernsthaften Studium der großen aristokratischen Kunst gewidmet, absolut nichts zu tun. Er hatte zwei große Stadthäuser, zog es aber vor, in einer Junggesellenwohnung zu leben, da es bequemer war, und nahm meistens seine Mahlzeiten im Klub ein. Er widmete der Verwaltung seiner Bergwerke in den Midlandgrafschaften einige Aufmerksamkeit und entschuldigte diesen Schandfleck industrieller Betätigung gewöhnlich damit, daß er sagte, der Besitz von Kohle habe den einen Vorteil, einen Gentleman instand zu setzen, sich den Luxus zu leisten, auf seinem eigenen Herde Holz zu brennen. In der Politik war er Tory, ausgenommen wenn die Tories am Ruder waren, denn während dieser Zeit schimpfte er auf sie und nannte sie geradeheraus ein Pack von Radikalen. Er war ein Held seinem Bedienten gegenüber, der ihn terrorisierte, und ein Schrecken für die meisten seiner Verwandten, die er seinerseits terrorisierte. Nur England hatte ihn hervorbringen können, und er pflegte immer zu sagen, England komme auf den Hund. Seine Prinzipien waren altmodisch, aber seine Vorurteile waren nicht übel.

Als Lord Henry eintrat, saß sein Onkel in einer gewöhnlichen Jagdjoppe da, rauchte seine Manila und las brummend in den Times. »Na, Harry«, sagte der alte Herr, »was bringt dich so früh heraus? Ich dachte, ihr Stutzer steht nie vor zehn Uhr auf und seid nicht vor fünf Uhr sichtbar.«

»Reiner Familiensinn, ich versichere dich, Onkel George. Ich möchte etwas aus dir herausbringen.« »Vermutlich Geld«, sagte Lord Fermor und verzog das Gesicht. »Nun, so setz dich und erzähle mir alles. Die jungen Leute von heutzutage meinen, Geld sei alles.«

»Ja«, erwiederte Lord Henry und befestigte seine Knopflochblume, »und wenn sie älter werden, wissen sie es. Aber ich brauche kein Geld. Nur Menschen, die ihre Rechnungen bezahlen, brauchen Geld, und ich bezahle meine nie. Kredit ist das Kapital eines Zweitgeborenen, und man lebt famos mit seiner Hilfe. Außerdem gehe ich immer zu Dartmoors Kaufleuten, und daher kommt es, daß sie mich in Ruhe lassen. Was ich brauche, ist Belehrung, keine nützliche Belehrung natürlich, nutzlose.«

»Nun, Harry, ich kann Dir alles sagen, was in einem englischen Blaubuch steht, obwohl diese Kerle heutzutage eine Menge Unsinn schreiben. Als ich im diplomatischen Dienst stand, war es besser bestellt. Aber ich höre, sie stellen ihre Leute jetzt auf Grund von Prüfungen an. Was kann man davon erwarten? Prüfungen, Wertgeschätzter, sind reiner Humbug von Anfang bis zu Ende. Wenn einer ein Gentleman ist, weiß er völlig genug, und wenn er kein Gentleman ist, ist alles, was er weiß, von Übel für ihn.«

(Auszug aus Das Bildnis des Dorian Gray, deutsch von Hedwig Lachmann und Gustav Landauer)
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